Das Örtliche generiert Reichweite mit meinen entwendeten Daten
Unsere Großeltern und Eltern kennen es noch gut und hatten es nahezu täglich im Einsatz – das Telefonbuch. Dort fand man früher jede Person, zu der man Kontakt aufnehmen wollte. Smartphones und Social Media gab es damals noch nicht.
Zum Ende der 1990er Jahre begannen dann die schweren Zeiten für die Betreiber der Telefonbibel. Alle Leute gingen nach und nach online, das Buch mit den Nummern und Anschriften wollte kaum noch jemand haben.
Privateinträge waren kostenlos, Gewerbetreibende konnten herausstechende sowie auffällige Firmeneinträge kaufen. In seinen letzten Zügen mit hoch-gepushter Auflage lag es meines Wissens nach gratis in allen Postfilialen aus.
Gesehen hab ich so ein dickes, gelbes Telefonbuch allerdings schon unzählige Jahre nicht mehr. Zeit also für die Betreiber von dastelefonbuch.de und dasoertliche.de, der DTM Deutsche Tele Medien GmbH, sich online neue Dinge einfallen zu lassen.
Zum Beispiel auf so schlaue Werbesprüche wie „Das Örtliche – ohne Ö fehlt Dir was“ zu kommen. Grausam. Egal, Sie waren spät dran, aber haben dann Plattformen mit Datensätzen ins Netz gestellt, die über 20 Jahre nach dem Telefonbuch-Fiasko vermeintlich wichtig und von Relevanz sein sollen.
Man kann dort nun nach Faxnummern suchen, Telefonnummern rückwärts abfragen oder eine App mit aktuellen Benzinpreisen runterladen. Ultra-neue Innovationen also (Ironie aus). Und da sind wir auch schon beim Thema. „Ich habe Dich bei dasoertliche.de gesehen“, meinte eine Kollegin gestern zu mir. Ich so: „Äh, wo bitte?“
Also google ich mich selbst und finde: Einen abgegrabbten, geklauten, gestohlenen sowie entwendeten Xing-Eintrag von mir auf dasoertliche.de. Warum zockt diese verstaubte Site, die mich und meine Kontakte mit einer Relevanz von nullkommanull interessiert, meine persönlichen Daten von Xing ab?
Und generiert damit auch noch Klicks von meiner Kollegin und mir? Und das bin ja nur ich. Wieviele andere Datensätze haben sie noch übernommen und damit Besucherinnen und Besucher auf ihre Seite geholt? 10.000? 100.000? 1.000.000?
Eigentlich müsste ich als Journalist nun alle drei Pressestellen (Google, Xing und DTM Deutsche Tele Medien) anschreiben, um zu recherchieren, wie meine Daten bei dasoertliche.de landen konnten.
Und es gäbe eigentlich auch Fragen an das Deutsche Institut für Service-Qualität, meine Nachbarn aus Hamburg-Winterhude, die dasoertliche.de jetzt gerade in 2019 als „Deutschlands bestes Webportal“ auszeichneten. Kaum zu glauben. Bei dieser Wahl muss vermutlich so einiges schief gelaufen sein…
Meine Pressefragen an die DTM Deutsche Tele Medien: Warum übernehmen Sie automatisiert Daten von anderen Webseiten und veröffentlichen diese selbst? Ist das nicht der Diebstahl von Content? Haben Sie jemals etwas von der DSGVO gehört und halten Sie sich an die Richtlinien? Um wieviele Datensätze handelt es sich täglich / jährlich?
Mache ich aber nicht. Denn 1.) ist die DTM Deutsche Tele Medien ja noch nicht bundesweit als neue Nigeria-Connection bekannt und 2.) bieten sie mir eine kostenlose Möglichkeit an, meine Daten zu löschen.
Natürlich online, so dass ich noch mehr Klicks auf dasoertliche.de verursache. Dort heißt es dann:
Alle Ergebnisse der Personendaten aus dem Internet werden automatisch aus frei zugänglichen Daten aus dem Internet generiert. Dabei werden Informationen aus dem Service von MeinÖrtliches, sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter, Xing und weiteren im Internet verfügbaren sozialen Netzwerken zusammengestellt.
Automatisch bedeutet, dass also ein System hinter dem Datengrabbing steckt. Der Text auf der Löschseite strotzt vor peinlichen Frechheiten, totaler Leserverdummung, rechtlichen Absicherungen und neunmalklugen Hinweisen. Beispiel gefällig?
Das Örtliche ist nicht für die Inhalte anderer Webseiten verantwortlich und kann diese auch nicht verändern.
Nein, aber systematisch persönliche Daten von den anderen Webseiten abgraben, das kann Das Örtliche. Und weiter:
In Profilen auf einzelnen Internetseiten wie z.B. in sozialen Netzwerken wie Facebook, Xing, LinkedIn, Twitter oder Myspace sind persönliche Daten über Sie erfasst. Die Einstellungen der Privatsphäre in Ihren jeweiligen Profilen können Sie mit Hilfe der Suche von Das Örtliche identifizieren und dann bearbeiten.
Bitte lesen Sie diesen Satz ganz genau, er ist an Vermessenheit kaum zu überbieten und bedeutet: Das Örtliche möchte, dass Nutzerinnen und Nutzer die Privatsphäre-Einstellungen von ihren eigenen Profilen in Social Media mit der Suche von dasoertliche.de herausfinden – und dann bearbeiten.
Eine neue Online-Sensation: Die DTM Deutsche Tele Medien GmbH vermittelt damit, dass sie direkte Schnittstellen zu allen Social Networks besitzt. Trotzdem werde ich froh sein, wenn mein Eintrag bei diesen selbst vermarkteten Pionieren endlich gelöscht ist.
Und natürlich musste ich auf der Löschseite all meine persönlichen Daten eingeben, um zu belegen, dass ich auch die Person aus dem nicht gewollten Eintrag bin. Der schlechte Deal: Wir löschen Deine von uns geklauten und veröffentlichten Daten, wenn Du uns Deine ganzen persönlichen Daten gibst!
Ist das nicht ein purer Wahnsinn? Mal abwarten, wo ich dann mithilfe der DTM Deutsche Tele Medien GmbH in Zukunft noch überall auftauche. Vielleicht in einem neu aufgelegten Telefonbuch mit Social-Media-Profilen? Denn dasoertliche.de generiert ja gerne, systematisch und professionell Content sowie Reichweite mit entwendeten Inhalten….
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Autor: Jan-Christopher Sierks / © Fotos: Jan-Christopher Sierks (1), Screenshot google.de (1), Screenshot dasoertliche.de (1)